Das Ende der Katharer

Papst und König von Frankreich bildeten eine fragwürdige aber letztlich erfolgreiche Allianz. Doch der Untergang des Katharismus hatte auch innere Gründe.

Der Niedergang fand als schleichendes Ende hauptsächlich im Languedoc statt. Danach konnten sich in Norditalien noch eine Weile kleine Katharergruppen halten, die jedoch sämtlich im Laufe des 14. Jahrhunderts im Dunkel der Geschichte verschwanden. Legenden berichten allerdings vom Weiterexistieren kleiner Gruppen in unwegsamen Alpentälern. Beweise für diese Theorie gibt es jedoch keine. Bemerkenswert ist allerdings, dass heutige Katharergruppen (authentische oder nicht) Dinge vertraten, die ihren historischen Nachweis erst im 20. Jahrhundert durch neu aufgefundene Dokumente bekamen.

Ursachen für das Scheitern der Katharer

Grundsätzlich wird zwischen inneren und äußeren Ursachen unterschieden. Natürlich ist ein wesentlicher Grund für das Ende des Katharismus in Form von Inquisition und Krieg durch Katholische Kirche und Nordfranzosen zu sehen. Auch die "friedlichen" Gegenmaßnahmen der katholischen Kirche spielten eine erhebliche Rolle. So bot der Vatikan Katharer Parfaits an, ihren Lebensstil hinter Klostermauern beibehalten zu können - wenn sie denn nur abschwörten. Heutzutage unterschätzt werden allerdings auch die Gründe, die in der Logik des Katharismus selbst lagen. Die inneren Schwierigkeiten der Katharerkirche lagen vor allem darin, dass das Bestehen der Organisation, bedingt durch die Kreuzzüge, immer kritischer wurde. Das Weitergeben des Konsolaments und damit die Einsetzung neuer Priester hatte aber eine zumindest in groben Zügen funktionierende Ordnung zur Voraussetzung. Nur so konnte die Weitergabe eines authentischen Konsolaments garantiert werden. Versagte ein katharischer prafait, beging also Sünde, so war nicht nur sein eigenes, sondern auch die Konsolamenten, die er selbst erteilt hatte, hinfällig. Durch das Wegfallen der Hierarchie und die immer grösseren Schwierigkeiten beim Reisen konnte kein oder nur sehr schwer ein neues Konsolament "erworben" werden. Das historisch dokumentierte Leben des letzten Katharers "Belibaste" bietet ein aufschlussreiches Zeugnis zu dieser Problematik.

Ein weiterer gravierender Punkt ist, dass die im 13. Jahrhundert vom okzitanischen Adel stark unterstützte Katharerkirche im 14. Jahrhundert zu einer Kirche des einfachen Volkes wurde. Diese an sich nicht unsymphatische Entwicklung hatte jedoch zur Folge, dass die Protektion durch den Adel wegfiel. Es war für den Adel schliesslich nicht unerheblich, dass als Bestrafung bereits für den Schutz der Ketzer die Beschlagnahmung allen irdischen Besitzes drohte. Die Entwicklung des Katharismus hin zu einer Untergrundkirche schlug der Bewegung sozusagen ihren intellektuellen Überbau weg. Und tatsächlich, was sich in späten Inquisitionsprotokollen findet, ist nicht selten deutlich von der ursprünglichen reinen Lehre entfernt und trägt bisweilen kuriose bis abergläubische Züge. Den intellektuell geschulten katholischen Mönchen fiel es immer leichter, den Katharern Argumente und Glaubwürdigkeit zu nehmen.

Ein weiterer Stein auf dem Wege des Niedergangs waren die in dieser Zeit entstehenden katholischen Bettelorden. Unzweifelhaft wäre Franz von Assisi noch kurze Zeit vorher selbst als Ketzer von der römischen Kirche verbrannt worden. Obwohl Franziskus ein glaubwürdiger Anhänger der katholischen Kirche war und diese nicht in Frage stellte, konnte der Lebenswandel von ihm und seinen Anhängern nur als Kritik am dekadenten System des Vatikans angesehen werden. Gegen die Katharer dagegen liessen sich die Bettelorden gut instrumentalisieren: sie waren gewissermassen der lebende Beweis dafür, dass ein Leben buchstabengetreu nach den Evangelien nicht allein den katharischen parfaits vorbehalten war. Die Ähnlichkeit in der Lebensweise der frühen Franziskaner z.B. zu den Katharern war offensichtlich. Auch war es nicht unüblich, abtrünnigen parfaits - männlichen wie weiblichen - ein "Exil" in einem Kloster anzubieten. So konnte das gewohnt asketische Leben aufrechterhalen und der Gang auf den Scheiterhaufen vermieden werden.

Anfang des 13. Jahrhunderts gab es noch einmal ein kurzes Aufbäumen des Katharismus durch die Brüder Authié in der Ariège-Region im Languedoc. Dieses Aufbäumen blieb jedoch auf die schwer zugänglichen Land- und Bergregionen der Pyrenäen beschränkt und endete mit der Verbrennung des letzten Katharer-parfaits, Guillaume Belibaste. Der Katharismus in Südfrankreich war zu Ende.

Inwieweit es neokatharische Kirchen in Deutschland und Frankreich gibt oder gab, die über pure esoterische Spinnerei hinausgehen, ist  Gegenstand unserer Forschung und noch immer nicht einfach zu klären. 

Neokatharismus

Im 19. Jahrhundert entstand in Europa, auch als Folge der Gegen-Aufklärung und der Romantik, Zirkel und Gruppen, die versuchten, die Katharer für sich zu vereinnahmen und in ihrem Sinne "einzudeuten". Ein prominentes Beispiel sind die Rosenkreuzer, die in den Niederlanden und Deutschland authentisches Katharertum für sich beanspruchten und noch heute bei dem Thema sehr präsent sind. Leider hatten auch Teile der Nationalsozialisten die Katharer für sich entdeckt und versucht, für ihre Mythen  zu benutzen. Hier seien insbesondere Alfred Rosenberg, Heinrich Himmler und Otto Rahn zu nennen. Das führte dazu, das die beiden Bücher des letztgenannten, Otto Rahn, in der Bundesrepublik nicht publiziert werden durften. Politisch war allerdings gerade an dem ersten buch von Rahn, dem "Kreuzzug gegen den Gral" überhaupt nichts auszusetzen. Die jung Bundesrepublik empfand aber schon die Nähe zu den okkulten Nazigrößen als toxisch. In Frankreich war die Situation eine andere, nachdem erste romantische Schwärmereien überwunden waren, war der Katharismus als wesentlicher Bestandteil der wieder erwachenden okzitanischen Kultur zentral. So sieht man heute bei jeder Tour de France selbstbewusste Fahnen mit dem okzitanischen Kreuz an den Strassenrändern. Dieses Wiedererwachen ist jedoch ausschließlich kulturell und nicht religiös zu verstehen. In Europa gibt es heutzutage keine ernstzunehmende Katharerkirche. Leider? Niemand kann die Frage beantworten, wie eine Katharerkirche heute aussähe, hätte sie 700 Jahre Zeit zur Weiterentwicklung gehabt. 

 


 

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